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AutorenbildGabriele Schobess

Humanize the system 🤗

Aktualisiert: 25. Nov.

Ich brauche ja immer ein*en Schuldige*n damit ich mal wieder einen Blog-Artikel schreibe. Und dieses Mal kann ich sagen, die Marlies ist schuld daran. Komischerweise bin ich selbst überhaupt nicht auf die Idee gekommen, darüber zu schreiben. Aber die Marlies ist auf die Idee gekommen und hat mir den notwendigen Stupser dafür gegeben. Den wie heißt es so schön: Erfolge soll man feiern. Und naja, ob es ein Erfolg wird, dass weiß ich ehrlich überhaupt noch nicht, aber hoffen tu ich es natürlich.


Nun fange ich aber von vorne an. Ich begleite seit einiger Zeit ein Projekt, bei dem die Anfrage darauf abzielte, das Unternehmen beim Finden einer neuen Software für ihr Tätigkeitsfeld zu unterstützen. Anforderungen erheben, Nutzerszenarien, etc. das kann ich. Sehr schnell kam ich dann aber dahinter, dass nicht das aktuelle Tool, das derzeit zum Einsatz kommt das Thema ist, sondern die Einstellung der Mitarbeiter*innen gegenüber dem System (dem technischen System wohlgemerkt). Nein, was sage ich, allen Systemen, Systeme und Technik im allgemeinen. Sätze fielen wie „Ich brauche das persönliche Gespräch“. Ich führte Interviews und stellte fest, dass einerseits teilweise geradezu eine Antihaltung gegenüber der Nutzung von Systemen jeglicher Art vorhanden war, auf der anderen Seite einzelne Akteur*innenmit den unterschiedlichsten Systemen, Methoden und Tools arbeiteten, ohne dies aber in die Gruppe zurückzubringen. Was tun? Der Auftrag war ja ein ganz anderer?


Zur selben Zeit entschied ich mich, mich bei einem Kurs an der IDEO U einzuschreiben. „Human centered System Thinking“ lautete die verheißungsvolle Überschrift und ich war neugierig und es klang wie eine sinnvolle Ergänzung zum Design Thinking Ansatz aus einer DER Design Thinking Schmiede.

"Human centered System Thinking" als Ergänzung zu Design Thinking? Ich war gespannt und wurde nicht enttäuscht.

Ich schrieb mich in den Kurs ein. Der Kurs war sehr projekt- und praxisorientiert aufgebaut, und so konnte ich meinen Kunden von oben als „Case“ nutzen. Was für ein Glück. Von überall her kamen die Teilnehmer*innen. Die wenigstenTeilnehmer*innen aus Deutschland, viele aus den Niederlanden, skandinavischer Raum, Asien, aber hauptsächlich Nord- und Süd-Amerika waren vertreten. Der Austausch erfolgte über eine e-Learning Plattform, auch die eigenen Projekte wurden dort präsentiert.

Eine internationale Gruppe fand sich zusammen, über 800 Teilnehmer*innen aus den unterschiedlichsten Ländern

Zum Start musste jeder von uns eine Challenge formulieren, das oben genannte Projekt im Hinterkopf schrieb ich auf:

“How might we move from a system where the employees did not bring in their ideas and are not willing to use new systems or new ways of teaching to a system that they bring in their own expertise and share their learnings with other colleagues to grow together and find the best ways of work together.”

Kurze Anmerkung: ich weiß das mein Englisch nicht gut ist, aber ich habe mich ohne besondere Sprachkenntnisse durch diesen englischsprachigen Kurs durchgeboxt und bin mega stolz auf mich. Deswegen poste ich das rein, was ich dort geschrieben habe. Ausbaufähig, ich weiß.

Ein sehr praxisorientierter Kurs mit tollen Impulsen

Ich bekam Tools und Methoden an die Hand, die ich dann direkt ausprobieren konnte. Zum Start wurde eine Systemlandschaft gezeichnet, rund um den Stakeholder, um den es sich im Case dreht. Ich habe also meine "Zielpersona" als meinen Mittelpunkt in eine „Network-Map“ eingezeichnet und drumrum aufgemalt, welche Akteure sonst noch beteiligt sind, wer wann mit wem kommuniziert, wo andere Dinge fließen wie z.B. Geld und Informationen, wer noch in den Kreisen mit drin ist, etc. aber auch, wie intensiv ist die Kommunikation, ist sie offiziell oder inoffiziell? Nachdem ich diese Network-Map vor mir hatte, konnte ich deutlich sehen wo z.B. die Kommunikation NICHT floß. IDEO U hat den Kursteilnehmer*innen hier (fast) freie Hand gelassen, WIE wir diese Map zeichnen. Und entsprechend groß war die Bandbreite an Zeichnungen: Von der perfekten Landschaft erfahrener Design Thinker*innen bis hin zu kleinen Handscribbles, die nur für den/die Ersteller*in les- und interpretierbar waren. Warum ich daß weiß? Innerhalb des Kurses haben wir unsere Network-Mappings/ Landschaften geteilt und auch gegenseitig kommentiert. Kundennamen wurden dabei selbstverständlich nicht genannt.


Konzentriert haben wir uns auf die folgenden Eckpunkte eines vernetzten Systems, bei dem EIN Ausgangspunkt für die Informationen ausgewählt werden musste: also EINEN Stakeholder, sozusagen DEINEN Stakeholder, deinen Akteur für den du eine Lösung suchst, deinen Focal Point, deinen Mittel-und Ausgangspunkt um den sich alles dreht. In welcher Beziehung/Verbindung steht dieser Akteur zu den anderen? Wie wird interagiert? Wie kommuniziert? Welche Abhängigkeiten bestehen?


Die Network Map wurde dann auf verschiedene Punkte geprüft:

Alignement, Ausrichtung: Wonach richtet sich dein Ausgangspunkt (dein Focal Point), an was orientieren sie sich? Welche Perspektive nimmt sie ein?Was sind Prioritäten?

Communication, Kommunikation: Wo wird wie kommuniziert? Formell und informell?Mit welcher Stärke? Auf welchem Weg? Wo wird nicht kommuniziert?

Power/Energie: Woher kommt die Energie im System des FP? Wie werden Entscheidungen getroffen? Welchen Einfluß hat dein „Mittelpunkt“ aufEntscheidungen?

Influence/Beeinflußung:  Wer, wo und wie wird das System des Mittelpunkt beeinflußt?

Value-Exchange/Wert-Austausch: Zeit, Geld, Information,Ressourcen … wie und auf welcher Basis findet der Austausch statt.


Der Blick auf meine Network-Map zeigte Lücken in der Kommunikation. Aber auch informelle Schulterschlüsse, ein großes Potential an ungenutzter Vernetzungsmöglichkeit. Eine Lücke zwischen investierter Zeit und Wertschätzung. Und viele Baustellen. Ich musste mich letztendlich (vorerst) für eine davon entscheiden.

Die Visualisierung von Systemen mit den unterschiedlichsten Mappings ist für mich eines der mächtigsten Instrumente die es gibt. Du kannst viel erkennen, was du sonst vielleicht nicht sehen kannst aber auch andere einfach und schnell mit einbeziehen und zum Austausch anregen.

Die im Anschluß vorgesehenen Interviews die geführt wurden, sollten dann die Lücken auf der Network-Map schließen und Unklarheiten beseitigen. Ok, hier ein kleiner Bruch von meiner Seite: ich hatte die Interviews mit einigen Mitarbeiter*innen bereits vorab durchgeführt (mein Projekt startete ja vor dem Kurs). Das hat aber nichts ausgemacht, ich konnte meine „Wissenslücken“ in Bezug auf die Network-Map dennoch schließen, indem ich nochmals einzelnen Gespräche führte, bzw.  die bereits erhaltenen Informationen aus den Gesprächen in meiner Network-Map nach dokumentierte. Überschrift hier ist „Humanize the system“. Und da ist doch Englisch einfach beautiful. Oder? Wenn du mit den Menschen sprichst und ihnen zuhörst, erst dann kannst du (sie) verstehen.


Als weitere Option konnten hier zwei weitere Mappings zum Einsatz gebracht werden: Die „Problem-Map“ und die „Process-Map“. Ich habe noch die Problem-Map ergänzend erstellt und dadurch mein Bild abgerundet. Diese ist als Pyramide aufgebaut und wirft einen Blick auf die Haltung (Boden),die Struktur (Mittelteil) und das Verhalten (Spitze). Auch hier konnte ich einiges an Informationen rauslesen, bzw. das was ich über das System wußte zu-und einordnen. Wie verhalten sich die Kolleg*innen? Welche Struktur fördert dieses Verhalten? Und welche Haltung resultiert daraus? Hier galt es Muster und Übereinstimmungen zu finden, die sich wie ein roter Faden durchziehen. Und ja, ich konnte tatsächlich Muster entdecken, die ich durch weitere Gespräche auch bestätigen konnte.


Im Kurs ging es dann weiter mit der Suche nach den „Leverages“,den Hebeln an denen man ansetzen kann um das System zu verändern: Finde dieMöglichkeiten und Optionen, an denen du ansetzen kannst und baue daraus einen Prototypen.


Auch ich habe für meinen Case einen Prototypen gebaut und das geniale war wirklich daran, dass beim Schreiben und Zeichnen des Prototyps auf Miro der Weg immer klarer wurde und ich sehen konnte, wie ich Einfluß auf das System vornehmen kann. Wie es auf die (fehlende) Kommunikation einzahlt und gleichzeitig sozusagen durch die „Hintertüre“ digitalisiert und die Tools ins Spiel kommen.


Diese Woche sind sie gestartet, meine ersten Proband*innen und treffen sich jetzt wöchentlich zu einem Mini-Selbst-Training Kurs á la Working out Loud oder lernOS. Dabei habe ich eigene Module geschrieben, ganz genau an dem Bedarf der Teilnehmer*innen ausgerichtet. Die Informationen hierzu hatte ich teilweise aus den Interviews, teilweise selbst konzipiert. Alle Module (5 an der Zahl) immer gleich aufgebaut, Check-In, fachlicher Teil, Check-Out. Eine einfache Struktur, die sich wiederholt und die bei Bedarf selbst weitergeschrieben werden kann.


Dabei haben die folgenden Faktoren meiner ersten Proband*innen von meinem Prototyp überzeugt:

  • Überschaubarer Zeitraum

  • Überschaubarer Stunden-Zeit-Investment

  • Kolleg*innen Standort übergreifend Kennenlernen

  • Fachlichen Input bekommen

  • Austausch auf Augenhöhe mit Kolleg*innen, selbstorganisiert

  • Gestaltungsmöglichkeit für weitere Module

  • Feedback-Runde und weitere Ausgestaltung des VeränderungsprozessesGEMEINSAM im Anschluß

  • Alles innerhalb der Arbeitszeit,  als Weiterbildungs- und Lernzeit zur Verfügung


Alle hier aufgeführten Punkte zahlen auch direkt oder indirekt auf identifizierte „Problemfelder“ ein, auf Themenfelder die es zu bearbeiten gilt.  


Platziert ist der Kurs, ihr ahnt es, in dem System, das abgeschafft werden sollte, zugunsten eines anderen Systems. Das ist jetzt nur ein erster Ansatz. Ich bin gespannt und berichte hier weiter, wie es gelaufen ist. Fakt ist, dass wir schon ersten Austausch darüber hatten und auch Anpassungen vorgenommen haben, damit es besser nutzbar ist. Das Potential dafür ist da.

Möglich gemacht hat das ein Kunde, dessen Ansprechpartner*innen vollständig aufgeschlossen waren, neues auszuprobieren, auszutesten. Keine Augen verschlossen haben vor möglichen Problemen. Aber auch mutig genug waren und risikobereit, einen solchen Test zu starten. Und es ist ein Start. Ich mag auch nicht verheimlichen, dass wir zwischendurch auch mal ratlos waren, wie wir nun weiter vorgehen sollen.


Fest steht nun aber: Für den Oktober haben wir eine Review zu den Modulen geplant. Mehr noch: Es ist eine Review UND ein Ausblick auf das was neu kommt. Unter Einbeziehung der Probant*innen, die unseren Prototypen durchlaufen haben.

I’m on fire! Diese Zusammenarbeit und die Möglichkeit völlig frei zu denken, davon möchte ich gerne mehr.

Fazit: ich bin super happy, dass ich mich in den Kurs eingeschrieben habe und habe nochmal neuen Aufwind zu dem Thema Service Design,Human centered Design, Human centered System Thinking bekommen. Ich lese gerade viel dazu und tauche in diese Welt, die noch so vieles zu bieten hat, dankbar ein. Die Gedankenwelten und die Hebel (love the word leverages – oh man, I have learned so much in that course. Moreover I‘ve refreshed my lousy english) die wir dadurch erhalten, sind enorm.

Ich hoffe ihr könnt hier was mitnehmen, meldet euch gerne für einen Austausch dazu.

Herzlichst, eure Gabriele

PS: Jetzt grüße ich natürlich nochmal ganz herzlich die Marlies, ohne die ich das hier nie geschrieben hätte (oder zumindest nicht so schnell) und das ist dann auch eine gute Gelegenheit um auf ihre neue Website hinzuweisen, die in Zusammenarbeit mit mir und einer befreundeten Grafikerin entstanden ist. Schön ist sie geworden, oder? https://www.marliesmittler.de


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